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Geschlechtstypisches Verhalten

Spiel ist eines der wichtigsten Faktoren im Sozialisationsprozeß. Von Kultur, Literatur und Medien geprägt, bringen hier Kinder geschlechtsspezifische Verhaltensweisen zum Ausdruck. Alle Strukturen, Elemente und Merkmale einer Gesellschaft mit ihren Teilbereichen sind im Spiel anzutreffen. Im Spiel lernt das Kind ...den Spielgegenstand im Zusammenhang mit den ihn begleitenden Inhalten und Interpretationen kennen ...([90], S.69). Es lernt, daß Spielzeugpistolen und Waffen Verkleinerungen aus der Männerwelt sind, und die damit verbundenen Verhaltensmuster. Spätestens ab dem 4.Lebensalter zeigt das Kind, daß es die Rollenerwartungen internalisiert und sich damit identifiziert hat.

Mädchen und Kampfspiele

Warum gibt es kaum Mädchen, die mit Waffen spielen? (vgl.[59], S.54). Haben sie nicht ähnliche Gefühle wie Jungen? Müssen sie ihre Ängste nicht hinter Waffen verstecken? Haben sie keine Aggressionen, die ausgelebt werden müssen? ...Auch Mädchen leiden, genau wie Jungen, unter allen möglichen Frustrationen. Deshalb würde es auch ihnen guttun, wenn sie diesem Zorn im symbolischen Spiel, wie z.B. mit Pistolen, Luft machen könnten. Außerdem würden sie sich nicht auch noch dadurch frustriert fühlen, daß ihnen eine wichtige Art von Spiel vorenthalten wird, während Jungen sich damit Luft machen ... ([11], S.237ff).

Es scheint, daß Mädchen dem allgemeinen Aggressionstabu unterliegen. Mädchen zeigen ihre Aggressionen nicht so offensichtlich. Zwar schießen sie nicht mit Pistolen, weil ''man das als Mädchen nicht tut''. Aber dennoch lassen auch sie ihre Wut an Spielzeug aus, möglicherweise drehen sie der Puppe den Arm herum oder stechen mit Scheren auf sie ein.

Im Zusammenspiel mit Jungen nehmen sie eher untergeordnete Rollen ein und wirken im Hintergrund, männliches Verhalten unterstützend. Das Soldatenlied von Amadeus Ziehnert (1817), welches schon in einem vorherigen Kapitel teilweise zitiert wurde, zeigt typisches Mädchenverhalten:

...Da standen die Mädchen verlegen (...) daß Degen und Flinte für sie nicht passen, fühlten sie leider recht (...). Plötzlich trat Nanna hervor: ''Bruder, schießen und hauen mag ich nicht, aber ich will die Fahne vor euch hertragen, daß sie euch zum Siege führe''(..)''Und ich gehe mit euch'', sagte Lina,''und sorge für eure Erquickung und Stärkung''.''Und wir'', riefen die übrigen, ''sorgen für die Verwundeten und winden Kränze für die glücklichen Sieger''...(bei[90], S.78). Die Mädchen unterstützten in diesem Spiel die kriegerischen Ziele moralisch und in pflegerischer Absicht.

Daß ähnlich untergeordnete Verhaltensweisen von Mädchen in gegenwärtigen Zeiten beobachtbar sind, beweisen Aussagen aus einer Untersuchung des Jahres 1985 über Kriegsspielzeug: ...Indianer und Cowboys reiten weg und kommen nach Jahren wieder. Sie verschleppen die Frauen ...

...Ich spiele Soldat. Mit der Pistole gehe ich auf meine Schwester los. Die weint dann ...
.

...Mein großer Bruder hat Spaß, wenn ich (Mädchen) verliere ...
([111], S.48). Mädchen bestimmen hier ebenfalls nicht aktiv das Spielgeschehen im Zusammenspiel mit Jungen, sondern spielen typische Frauen- und Opferrollen. Am Thema Krieg sind sie desinteressiert und genervt, scheinen es aber dennoch zu akzeptieren und damit einverstanden zu sein.

Ein Beispiel für unterschiedlichen Ausdruck des Geschlechterverhalten im Kampfes gegen ''Gut und Böse''beschreibt Büttner. In seiner Fallbeschreibung greifen mehrere Jungen während eines He-Man Phantasiespiel in stereotyper Weise eine Mädchengruppe an, die in einer Ecke des Raumes spielt. Dabei durchqueren sie den Raum und erschrecken sie vermeintlich. Danach ziehen sie sich wieder auf ihr Schloß Grayskull zurück.

Die Mädchen in der Ecke spielen Schwarzwaldklinik. Sie haben einen Spielinhalt gewählt, der ihrem eher fürsorglichen Wesen entspricht. Sie operieren spielerisch ein Mädchen ...und geben vor, mit Messern und Scheren in sie einzudringen, um dort das Krankhafte und Böse zu vernichten ... ([24], S.25). Beide Geschlechter führen einen Kampf gegen das Böse aus, aber jede Gruppe stellt ihn, seiner Rolle entsprechend dar.


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Sat Aug 19 17:12:38 CEST 2000