Dokument im pdf-Format

13. Konferenz und Workshop ``Rheologische Messungen an Baustoffen'' FH Regensburg, Deutschland, 10...11. März 2004

An der Fachhochschule Regensburg, Fachbereich Bauingenieurwesen Prof. Dr. W. Kusterle, fand am 10. und 11. März 2004 die 13. Tagung zum Thema ``Rheologische Messungen an Baustoffen'' statt. Begonnen hatte diese Veranstaltungsreihe 1991 als kleines überschaubares Treffen von 20 Interessierten aus der Deutschen Baustoffforschung. Inzwischen hat sich daraus eine internationale Konferenz mit mehr als 100 Teilnehmern aus ganz Europa entwickelt, wobei die Hochschulforschung und die Anwender aus der Bau- und Baustoffindustrie gleich stark vertreten sind.

Neben der Festigkeit und der Dauerhaftigkeit, ist die Verarbeitbarkeit die dritte wichtige Eigenschaft von mineralisch gebundenen Baustoffen wie Beton oder Mörtel. Bis in die jüngste Zeit wurde die Materialeigenschaft oft nur abgeschätzt oder bestenfalls mit heuristischen Messverfahren bestimmt. In den letzten Jahren führte die Entwicklung neuer Additive zu neuen Baustoffen, wie Fließestrich oder Selbstverdichtendem Beton (SVB). Diese Materialien haben zwei Hauptvorteile: Sie brauchen nicht verdichtet zu werden, was Arbeitskraft einspart, und Lärm reduziert; zusätzlich geben sie dem Architekten neue Freiheitsgrade beim Entwurf. Im Gegenzug verlangt die Entwicklung solcher Materialien eine genaue Bestimmung der Fließeigenschaften. Auch für Standardbaustoffe werden die rheometrischen Methoden immer wichtiger.

Diese Entwicklung zeigte sich in den drei Themenschwerpunkten des Seminars 2004: Allgemeines zur Rheologie von Baustoffen, die Effekte von Zusatzmitteln und Zusatzstoffen, sowie Selbstverdichtender Beton.

Die rheologischen Eigenschaften von Baustoffen wie Zementleim, Mörtel oder Frischbeton weichen von so genannten Newton-Körpern wie Wasser oder Öl ab. Sie werden in erster Näherung durch die Materialeigenschaften Viskosität und Fließgrenze beschrieben. Zusätzlich ist ihr Verhalten noch von der Zeit, sowie der mechanischen Vorgeschichte abhängig.

A. Eberhard vom Finger Institut der Bauhausuniversität Weimar zeigte in seinem Vortrag den Einfluss der $C_{3}A$ Phase, der verschiedenen Sulphatformen und der Mahlfeinheit auf das Ansteifen von Portlandzement.

Der Hydratationsprozess wurde mit verschiedenen Methoden untersucht: Elektronenmikroskopie (ESEM-FEG), DSC und Röntgenanalyse. Pareallel dazu wurden die Fließeigenschaften des Zementleimes gemessen. Dabei wurde die Veränderung der Scherkraft bei konstanter Scherrate in einem Viskomat NT untersucht.

Es konnte ein Zusammenhang zwischen den verschieden Hydratationsphasen und dem Verlauf des Scherwiderstandes gezeigt werden.

Nach einer Phase erster Reaktionen kann das Ansteifen in zwei weitere Bereiche untergliedert werden. Während der Hydratation der Aluminate wird dem Fließprozess Wasser entzogen. Deshalb bewirken alle Faktoren die die Aluminatbildung beschleunigen, wie höhere Mahlfeinheit oder mehr Calzium Sulfat, ein stärkeres Ansteifen.

Das spätere Ansteifen beruht dann auf strukturellen Veränderungen. Sind wenig Sulfate vorhanden, so bilden sich neben Ettringit AFM-Phasen, die die Agglomeration des Zementleimes begünstigen. Ist viel Sulfat vorhanden, so entsteht neben Ettringit Gips, was ebenfalls ein Ansteifen verursacht.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die rheologischen Eigenschaften von Zementleim, durch die Mahlfeinheit und durch eine Reduktion der Aluminathydration durch einen Sulfat optimierten Zement gesteuert werden können.

Frau Vavrova, von der Abteilung Chemische Technologie im Denkmalschutz, ITC Prag, untersuchte die rheologischen Eigenschaften von Luftkalken.

Kalzium-Oxid $CaO$, gebrannter Kalk, wird mit Wasser gelöscht zu Kalziumhydroxid $Ca(OH)_{2}$, auch gelöschter Kalk genannt.

Nach diesem Prozess schließt sich eine Reife-Phase von 3 Wochen bis zu mehreren Jahren an. Dieser Reifeprozess kann durch mechanische Aktivierung beschleunigt werden. Es wurde gezeigt, dass der frische gelöschte Kalk eine Viskosität besitzt, die um zwei Größenordnungen unter der Viskosität von gereiftem Kalk liegt. Mischt man den frischen gelöschten Kalk 15 Minuten auf, so steigt die Viskosität fast auf den selben Wert, wie bei gereiftem Kalk. Auch anorganische Salze haben einen Einfluss auf die rheologischen Eigenschaften des Kalks, aber nicht so stark wie der Mischeffekt. Rhelogische Messungen an Kalziumhydroxid sind also eine gute Methode, um die Qualität des Baustoffes vor einer Anwendung bei historischen Bauwerken zu beurteilen.

E. Schneider von der SAFA, Baden-Baden, stellte ein Konzept vor, um ausgehend auf den rheologischen Eigenschaften von Leim und Mörtel, die Verarbeitungseigenschaften von Frischbeton (Ausbreitmaß) vorher zusagen. Diese Entwicklung geht auf die Konzepte von J. Teubert [1] aus dem Jahre 1981 zurück.

Ausgangspunkt ist ein Zementleim mit festem Wasser-Zement Wert. Dieser Zementleim sollte so fließfähig wie möglich sein, ohne abzusetzen. Wenn notwendig werden Fließmittel oder Zusatzstoffe wie Flugasche verwendet.

Im nächsten Schritt wird dem Zementleim Sand zugegeben. Die Konsistenz dieses Mörtels wird mit einem Mörtelrheometer bestimmt. Mit der Gleichung von Teubert kann man das Ausbreitmaß des Frischbetons bei einem gegebenen Mörtelvolumen im Frischbeton bestimmen. Oder man kann errechnen, welches Volumen Mörtel im Frischbeton notwendig ist, um ein vorgegebenes Ausbreitmaß zu erhalten.

Schneider verifizierte diese Gleichung, wobei er für moderne Fließmittel leichte Modifikationen an den Parametern vornahm. Auch der Einfluss anderer Zusatzmittel kann in diesem Designkonzept berücksichtigt werden.

Dr. J. Golaszewski, Universität Gliwice, Polen, zeigte den Einfluss von Luftporenbildnern (LP) auf die rheologischen Eigenschaften von Mörteln mit Fließmitteln der neuen Generation.

Luftporen im Beton sind wichtig für die Dauerhaftigkeit bei Frost-Tau Beanspruchung. Aus rheologischer Sicht erniedrigen LP-Bildner die Fließgrenze und die Viskosität von Mörteln. Fließmittel alleine senken im Allgemeinen die Viskosität. Im Einzelnen hängen diese Trends von der chemischem Kompatibilität zwischen Zement, Fließmittel und LP-Bildner ab.

Üblicherweise erhöht die Reduktion vom Wasser im Mörtel die Fließgrenze und die Viskosität. Dieser Effekt wirkt dem Einfluss von LP-Bildnern entgegen, und kann hierfür gezielt eingesetzt werden.

Dr. O.Wallevik, IBRI Reykjavik, Island, stellte eine Studie über die Wechselwirkung unterschiedlicher Zemente und Fließmittel vor.

Der zweite Teil der Veranstaltung befasste sich mit dem Thema Selbstverdichtender Beton (SVB).

S. Uebachs, RWTH Aachen, Deutschland, untersuchte den Einfluss der Temperatur auf verschiedene Fließmittel-Zementkombinationen an Mörteln. Abbildung 1 zeigt den Einfluss verschiedener Fließmittel bei konstanter Scherrate im Viskosimeter auf den gleichen Zement. Uebachs zeigte, dass viele SVB-Mörtel im Fließverhalten vom Bingham Modell abweichen und sich wie Bulkley-Herschel Körper verhalten.

H. Eckhardt, Readymix Institut, Ratingen, Deutschland, zeigte in seinem Vortrag ``Rheometrie und Praxis'' die Anwendung rheometrischer Methoden während einer großen Baumaßname (BMW Leipzig). Hier wurden mehr als 4000 $m^{3}$ SVB geliefert.

Auch in dieser Studie konnte der Einfluss der Temperatur auf die Wirksamkeit moderner Fließmittel gezeigt werden. Beim Standardbeton wird die Verarbeitbarkeit hauptsächlich durch die Fließgrenze beeinflusst. Beim SVB ist diese meistens nahe Null, die Verarbeitbarkeit wird hier durch die Viskosität des Frischbetons bestimmt.

Stefan Kordts, VDZ- Düsseldorf, Deutschland stellte ein neues einfaches Messverfahren für den SVB vor. Die DAfStb-Richtlinie ``Selbstverdichtender Beton'' fordert zur Beurteilung der Verarbeitbarkeit von SVB die Ermittlung des Setzfließmaßes und der Trichterauslaufzeit. Insbesondere bereitet die Ermittlung der Trichterauslaufzeit bei SVB als Transportbeton bei Annahmeprüfungen auf der Baustelle Probleme, da der Einbauvorgang durch diese zusätzliche Prüfung und die zeitaufwendige Reinigung des Trichters behindert werden kann.

Um den Prüfaufwand bei der Übergabe zu vereinfachen, wurde im Rahmen eines AiF-geförderten Forschungsvorhabens ein baustellentaugliches Prüfgerät, der sog. ``Auslaufkegel'' entwickelt, mit dem die beiden maßgeblichen Prüfwerte - Setzfließmaß und Trichterauslaufzeit - in einem Versuch zuverlässig ermittelt werden können. Dabei wurde ein handelsüblicher Setztrichter auf eine entsprechende Stativhalterung montiert und an der Unterseite über einen Schieber verschlossen. Darunter wurde eine Auslaufdüse angebracht. Nach dem Befüllen des Setztrichters und Ziehen des Schiebers wurde analog zum Trichter nach DAfStb-Richtlinie ``SVB'' die Zeit gemessen, die der SVB benötigt, um aus dem Kegel auszufließen. Die Auslaufdüse mit dem Durchmesser von 63,5 mm führte in diesen Untersuchungen sowohl bei niedrigviskosen als auch bei höherviskosen SVB zu gleichen Auslaufzeiten, wie sie mit dem bisherigen Auslauftrichter erzielt wurden. Das im Anschluss an die Ermittlung der Kegelauslaufzeit gemessene Setzfließmaß, wurde im Vergleich zum herkömmlichen Setzfließmaß, durch die verjüngte Form nicht beeinflusst. Der Auslaufkegel stellt somit eine Alternative zur Ermittlung der Viskosität von SVB dar, die besonders bei der Annahmeprüfung auf der Baustelle vorteilhaft eingesetzt werden kann.

M. Greim, Schleibinger Geräte, Buchbach, Deutschland, beantwortete in seinem Vortrag einige häufig gestellte Fragen zum Thema Baustoffrheometrie. Es wurde gezeigt, warum eine herkömmliche Zylindergeometrie für Baustoffsuspensionen nicht geeignet ist. Es handelt sich hierbei meist um Binghamfluide. Bei niedrigen Scherraten wird das Material nicht komplett geschert, wenn das Schergefälle im Messspalt unter der Fließgrenze liegt. Dieser Effekt, der oft als Wandgleiten bezeichnet wird, ist unabhängig von der Rauigkeit der Zylinderwand. Wird nun die Scherrate und somit das Schergefälle im Spalt soweit erhöht, dass sicher das gesamte Material geschert wird, so kommt es auf Grund der Zentripedalkräfte zu einer Trennung der flüssigen und festen Phase. Dies führt wiederum zu einem scheinbaren Wandgleiten an der Zylinderwand. Zusätzlich bewirkt die Schwerkraft noch ein Absetzen der festen Phase, d.h, des Bindemittels und des Sandes. Die geschilderten Effekte können vermieden werden wenn das Prüfgut während der Messung gemischt wird. Außerdem muss eine Vorrichtung vorhanden sein, die ein Festsetzen des Materials am Topf verhindert. Solche Messgeräte wie der Viskomat NT, besitzen leider keine Messgeometrie mit definierten Flächen. Für Newtonsche Flüssigkeiten kann eine solche Messanordnung kalibriert werden. Für Bingham Körper ist dies im allgemeinen nicht zulässig.

Am Abend nach dem Kolloquium am 10. März wurden die Diskussionen in einem typischen Regensburger Gasthaus bis spät in die Nacht fortgesetzt.

Am 11.März wurden in einem Laborworkshop die Themen vom Vortag durch praktische Versuche dargestellt. Rheometrische Messungen an einem Mörtel (Viskomat NT) und später an einem Beton (BT2) mit dem gleichen Mörtel zeigten den Teilnehmern, wie man Messergebnisse aus dem Labor auf die Baupraxis übertragen kann.

Das nächste Regensburger Kolloquium zum Thema ``Rheologische Messungen an Baustoffen'' wird voraussichtlich Mitte März 2005 stattfinden.

[1] Teubert, J.: Die Messung der Konsistenz von Betonmörtel und ihre Bedeutung für die Verarbeitungseigenschaften des Frischbetons, BETONWERK+FERTIGTEIL-TECHNIK, 4 (1981) 217-222.

Die meisten Vorträge sind nachlesbar unter: http://www.schleibinger.com/k2004/regen04.html

M. Greim, Schleibinger Geräte GmbH, Gewerbestraße 4, 84428 Buchbach, Germany, e-mail: greim@schleibinger.com

Prof. Dr. W. Kusterle, Fachhochschule Regensburg, Fachbereich Bauingenieurwesen, Prüfeninger Str. 58, 93049 Regensburg, Germany, e-mail: wolfgang.kusterle@bau.fh-regensburg.de



© Markus Greim, Schleibinger Geräte GmbH, greim@schleibinger.com, 14.02.2005, 10:08,

Zurück zur Leitseite !