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Schleibinger Geräte GmbH
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Rheologische Messungen an Baustoffen
12. Kolloquium an der FH Regensburg

Mehr als 80 Teilnehmer aus 10 Nationen informierten sich am 13. März 2003 in 7 Vorträgen über Neuigkeiten in der Baustoffrheometrie. Ein Laborworkshop am folgenden Tag rundete die Veranstaltung ab.



Zum zwölften Male traf sich nun schon die Fachwelt in Regensburg, um über Neuigkeiten zum Tema Baustoffrheometrie zu diskutieren. Was 1992 als Diskussionskreis begann, hat sich inzwischen zu einer internationalen Veranstaltung entwickelt. Referenten aus vier Nationen, und Teilnehmer aus 10 europäischen Ländern haben das Kolloquium zu einer internationalen Veranstaltung gemacht. Dies stellte Prof. Eckstein, der Vizepräsident der Fachhochschule Regensburg in seiner Begrüßungsansprache fest. Das Kolloquium füge sich fest in das neue Konzept der FH ein, das auch die Fortbildung von Fachkräften aus der Wirtschaft umfasst.


Prof. Kusterle als Gastgeber, unterstrich dies ebenfalls, und wies daraufhin, dass die Baustoffrheometrie mit dem neuen Baustoff Selbst-Verdichtender-Beton, noch mehr in den Mittelpunkt des Interesses von Forschung und Industrie gerückt ist. Ein zielgerichteter SVB Entwurf ohne rheometrische Messungen ist mühsam, wenn nicht unmöglich.

Das Kolloquium lebt vom Engagement der Teilnehmer und Referenten. Es wird kein Eintritt erhoben, die Referenten, halten Ihre Vorträge kostenlos. Trotzdem konnte wieder ein hochkarätiger Referentenkreis gewonnen werden. Dass dies auch in Zukunft so bleiben möge wünschte sich M. Greim in seiner Begrüßungsrede als Vertreter der Firma Schleibinger Geräte, die das Kolloquium seit 1992 organisiert.


Prof. B.F.G. Banfill von der Herriot Watt University, Edinburgh, Schottland, hielt den Einführungsvortrag. Ausgehend von den grundlegenden rheologischen Modellen von Newton und Bingham, erläuterte er in einem Überblick die Modelle von Einstein und Krüger -Dougherty. Bei den Messungen ist zu berücksichtigen, dass die Messung selbst das Messgut beeinflusst. Banfill stellte ein Modell für den Strukturbruch vor. Dieser findet nach Beginn der Messung statt, bis sich ein Gleichgewichtszustand einstellt. Es werden Cluster aus Zementpartikeln getrennt, die von einem Flüssigkeitsfilm umgeben sind. Die einzelnen Bruchstücke umgeben sich dann selbst wieder mit einem Flüssigkeitsfilm. Wichtig ist der Einfluss des Mischers auf den Mörtel oder Zementleim. Prof. Banfill stellte vier Thesen für eine rheologische Messung an Zementleim und Mörtel auf: Das Absetzen und Wandgleiten ist zu vermeiden, die Hysterese-Schleife beim Be- und Entlasten des Materials ist abhängig von der Vorgeschichte, verwende stets die gleiche Scher-Vorgeschichte (shear history) und schließlich soll der Strukturbruch vor der eigentlichen Messung abgeschlossen sein. Im Weiteren stellte er die rheologische Kenngrößen von üblichen Systemen wie Zementleim, Mörtel, SVB, fließfähigem und Standardbeton vor, um den Zuhörern ein Gefühl für die Bandbreite der verwendeten Stoffe zu zeigen. Weiterhin zeigte er an einigen Beispielen wie z.B. der w/z-Wert, Fließmittel oder Silica-Staub die Fließgrenze und die Viskosität von Zement-Mörtel beieinflussen. Durch geschickte Kombination von Zusatzmitteln und Zusatzstoffen kann man die Fließeigenschaften des Mörtels entsprechend steuern. An einigen Beispielen konnte Banfill zeigen, dass sich die diese Einflüsse genau so im Frischbeton wiederfinden. Da der Grobzuschlag nicht geschert werden kann, hängt das Fließverhalten des Frischbetons von den rheologischen Eigenschaft des Mörtels ab. In seinem Ausblick zeigte sich Prof. Banfill zuversichtlich, die Fließeigenschaften des Mörtels in Zukunft auch verstärkt durch numerische Simulation vorhersagen zu können.

Dipl. chem. Mathias Oly von der Tricosal-Beton-Chemie, Lügde referierte über den „Einsatz des Viskomat NT und PC bei der Bindemittelauswahl für leicht- und selbstverdichtenden Beton“. Die Anforderungen an einen LVB oder SVB sind bekannt. Der Kunde des Zusatzmittelherstellers ist aus ökonomischen und technischen Gründen an verschiedene Randbedingungen gebunden. Im Rahmen dieser Randbedingungen war es Ziel der vorgestellten Studie, die Eignung verschiedener Zement - Zusatzstoff - Bindemittel Kombinationen zu testen. Es wurde mit dem Viskomat NT ein konstantes Messprofil von 120 Upm über 140 min gefahren. Oly konnte zeigen, dass verschiedene Zement- Kalksteinmehl Kombinationen ganz unterschiedlich auf verschiedene Fließmittel reagieren. Hier unterscheide sich sowohl die Wirksamkeit als auch der zeitliche Verlauf. Durch die rheologischen Untersuchungen am Bindemittelleim konnte so schnell eine geeignete Produkt und Bindemittelauswahl getroffen werde. Die Anzahl der aufwändigen Betonversuche wurde so auf ein Mindestmaß reduziert.


Dr. Golaszewski untersucht an der Technischen Universität Gliwice (Lehrstuhl Prof. Szwabowski), Polen die Wirkungsmechanismen von modernen Betonfließmitteln. Sein Vortrag hatte den Titel: „Influence of cement chemical and mineral composition on rheological properties of mortars. Testing the compatibility of the system cement - superplastiziser.“ Dr. Golaszewski definiert die Verarbeitbarkeit als die Beziehung zwischen den rheologischen Eigenschaften der Mischung und den Kräften, die während des Verarbeitungsprozesses auf die Mischung einwirken. Um die Verarbeitbarkeit zu gewährleisten muss entweder der Prozess an die Mischung , oder die Mischung, eventuell durch Zusatzmittel, an den Prozess angepasst werden. Es wurden sechs verschiedene Fließmittel bei zwei verschiedenen w/z Werten untersucht. Verwendet wurde ein speziell im Labor aufbereiteter Zement mit drei verschiedenen C3A-Gehalten drei verschiedenen Na2O Äquivalenten, drei verschiedenen SO3 Gehalten und drei verschiedenen spezifischen Oberflächen. Die rheometrischen Untersuchungen mit dem Viskomat gingen über 60 Minuten. Bestimmt wurden Fließmoment und Momentengradient nach 10 und 60 Minuten. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass es die Viskomat- Messungen erlauben präzise den Einfluss der Fließmittel auf das rheologische Verhalten des Mörtels festzustellen und so Zement-Fließmittel Systeme zu finden, die zueinander kompatibel sind. Dadurch ist es möglich die Rezeptur von Mörtel und Frischbeton, im Hinblick auf die Verarbeitbarkeit zu optimieren. Der Typ des Zements, die Chemie und die Phasenzusammensetzung sind die entscheidenden Faktoren für die Wirksamkeit des Fließmittels. Allgemein gültige Zusammenhänge zwischen Zementeigenschaften und den rheologischen Eigenschaften des Mörtels mit, und ohne Fließmittel wurden von Dr. Golaszewski angesprochen. Mit der gleichen Messmethode ist es ebenfalls möglich, die Einflüsse von Luftporenbildnern, Beschleunigern, Verzögerern, Silica-Staub, Flugaschen und Schlacken auf die Verarbeitbarkeit von Frischbeton zu bestimmen.


Dipl. Ing. Stephan Uebachs, RWTH Aachen, ibac, referierte über „Charakterisierung der rheologischen Eigenschaften von selbstverdichtenden Betonen“ . Insbesondere ging er auf das Temperaturverhalten verschiedener Fließmittel auf PCE Basis, sowie auf das Sedimentationsverhalten des SVB ein. Mit dem Viskomat NT wurden verschiedene Bindemittel - Fließmittel Kombinationen bei unterschiedlichen Temperaturen untersucht. Uebachs zeigte, dass die Wirkung und deren Zeitverlauf von Bindemittel-Fließmittel-Kombinationen stark temperaturabhängig sind. Daraus folgt, dass der SVB vor dem Einsatz hinsichtlich seiner Empfindlichkeit gegen Schwankungen der Frischbetontemperatur charakterisiert werden muss. Die Sedimentationseigenschaften des SVB können mit den Standardprüfverfahren nicht hinreichend erfasst werden. Deshalb wird am ibac zusätzlich das Schnittbild eines Probekörpers beurteilt. Dazu wird ein runder, senkrechter Probekörper mit 100mm Durchmesser und 500mm Höhe hergestellt. Nach dem Erhärten wird dieser aufgesägt und das Schnittbild hinsichtlich der Verteilung des Grobzuschlags beurteilt. Insbesondere bei hohen Frischbetontemperaturen hält Uebachs eine besondere Beurteilung der Sedimentationseigenschaften für notwendig.


Dr. Olafur Wallevik, vom Icelanding Building Research Institute in Reykjavik betitelte seinen Vortrag mit „SVB - der Beton der Zukunft!“ Dr. Wallevik zeigte dass in verschiedenen Ländern unterschiedliche Arten von SVB produziert werden. Dies hängt vom know-how, der Qualität der Transportbetonwerke, sowie traditionellen Faktoren ab. Es ist aber weltweit ein Fortschritt festzustellen. So nimmt der Zementanteil von Anfänglich 650 kg/m3 über 550, 500 kontinuierlich Richtung 300 kg/m3 ab. Der SVB entwickelt sich vom „Stabilisierer-Typ“ über den „Mehlkorn-Typ“ in Richtung eines „Komposit-Typs. Auch die Siebline des Grobzuschlags und des Bindemittelsnähert sich den Verhältnissen beim Standardbeton an. Dr. Wallevik vergleicht die Entwicklung beim SVB etwas augenzwinkernd mit der Autoentwicklung: War der erste SVB im Verhältnis zum Standardbeton ein Sprung vom Trabant zum BMW, so befindet man sich nun auf dem Weg zu einem praktikablen wirtschaftlichen Kompromiss (z.B. Skoda) . Vertiefen lässt sich diese Diskussion sicherlich auf dem 3. internationalen SCC Symposium vom 17. bis zum 20. August 2003 in Reykjavik, zu dem Dr. Wallevik als Mitveranstalter noch einmal herzlich einlud.


Mit neuen rheologischen Messmethoden für Baustoffeigenschaften befasste sich der letzte Teil des Kolloquiums. Dr. Oliver Blask von der Sika-Addiment, Leimen, berichtetet über „Oszillationsmessungen zur Beobachtung des Zementleimgefüges während des Erstarrens“. Herkömmliche rheologische Messungen an Zementleimen scheren das Material. Dadurch wird das Gefüge des Materials während der Messung verändert. Bei Verlaufsmassen, die während ihrer Verarbeitung nicht stark geschert werden, ist es interessant, rheologische Eigenschaften zu messen, und dabei die Gefügestörung möglichst gering zu halten. Hier bietet sich die oszillatorische Messung an. Der Zementleim wird zwischen den Wänden eines Messszylinders nur um Bruchteile eines Winkel-Grades sinusförmig hin- und hergeschert. Dies ermöglicht eine fast zerstörungsfreie Prüfung. Legt man ein visko-elastisches Modell für die Suspension zugrunde, so ergibt ebenfalls eine sinusförmige Kraft auf den Messkörper. Mit den beiden Faktoren G'= Speichermodul und G'' = Verlustmodul wird die resultierende sinusförmige Kraft im Verhältnis zur anregenden Zwangskraft beschrieben. Der Speichermodul steht dabei für das elastische, der Verlustmodul für das viskose Verhalten des Materials. Zementpasten bilden bereits in den ersten Minuten der Hydratation eine teilweise elastische Mikrostruktur. Die Oszillationsmessung erlaubt die Unterscheidung zwischen den viskosen und elastischen Anteilen der Viskosität. Die Oszillationsmessungen zeigen, dass der Erstarrungsbeginn mit einem Übergang von viskosem zu elastischen Verhalten verbunden ist. Kryo-SEM Aufnahmen zeigen die geringere Stärke der Mikrostruktur in verflüssigten Zementpasten.


Aufbauend auf den Vortrag von Dr. Blask, zeigte M. Greim von Schleibinger Geräte, Buchbach, die technische Umsetzung der Oszillationsmessung beim Viskomat NT.


Nach der Tagung des Anwenderkreises „Rheologische Messungen an Baustoffen“ klang der erste Tag in einem gemütlichen Lokal der Regensburger Altstadt aus.


Über 30 Teilnehmer fanden sich am nächsten Tag noch in das Baustofflabor der FH Regensburg ein . Der Workshop mit drei Stationen sprach die Themen des Vortags nochmals in praktischen Übungen an. O. Teubert von Schleibinger vermittelte den Teilnehmern anhand kleiner physikalisch-rheologischer Experimente eine Gefühl für rheologische Zusammenhänge. M. Greim zeigte wie man die Verarbeitungseigenschaften eines SVB-Bindemitteleims sowie einen Fließenklebers rheometrisch erfasst. Ein fließfähiger aber nicht selbstverdichtender Frischbeton wurde schließlich mit dem neuen Betonrheometer BT2 vermessen, sowie die Messergebnisse diskutiert.


Der nächste Kolloquium „Rheologische Messungen an Baustoffen“ ist für den 10. und 11. März 2004 geplant. Über wiederum zahlreiches Erscheinen würden sich die Veranstalter freuen.

Näheres dazu unter http://www.schleibinger.com


Abdruck frei. Beleg erbeten. 12201 Anschläge.


© Markus Greim, Schleibinger Geräte Teubert u. Greim GmbH, greim@schleibinger.com, 24.03.2003, 18:45,

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